Das ist meine Geschichte.

Viele die mich kennen wissen, dass ich eine Behinderung habe. Vor 8 Jahren, am 28. Jänner 2011, hatte ich einen schweren Unfall in einem Betrieb in Linz. Wie es dazu kam? Gute Frage. Springen wir noch etwas weiter zurück.

Mai 2010: Ich schloss meinen Zivildienst ab und hatte die Matura in der Tasche. Was nun? Diese Frage stellte ich mir jeden Tag. Ich arbeitete im Sommer für die Gemeinde Gallneukirchen und für meinen Onkel, mit dem ich eine Lagerhalle aufbaute. Für Herbst 2010 hatte ich keine Pläne. Studium stand außer Frage, da einfach zu wenig Geld da war, meine Mutter weggezogen war und mein Vater uns finanziell kaum unterstützt. Ich liebe meine Eltern und ich möchte nicht den Anschein erwecken, dass sie nicht für mich und meine Schwester dagewesen sind. Dennoch war es keine leichte Zeit. Meine Schwester startete ihr Psychologie-Studium und arbeitet daneben. Ich bekam einen Job in Linz als arbeitet und konnte durch den Schichtbetrieb ganz gutes Geld machen. Bereits nach wenigen Wochen war klar, dass die Arbeit auf jeden Fall nur für kurze Zeit war und ich 2011 definitiv studieren gehen möchte. Leider passierte bereits Ende Jänner – nicht einmal ein halbes Jahr nach dem Einstieg in die Firma – der Unfall.

Ich musste eine Maschine mit der Hand putzen, durch welche Eisenplatten befördert wurden. Die Maschine hatte an jenem Tag einen Fehler und schloss sich, während meine Hand darin gefangen war (siehe Foto). Alle Finger meiner rechten Hand wurden abgetrennt und die Haut wurde mit abgezogen. Leider konnte man nur mehr Teiler meiner Haut retten. Tage lang wusste ich nicht, wie meine Hand denn eigentlich ausschaut und wieviel von meinen Fingern noch dran sind. Dann kam die Nachricht: keine Finger mehr. Erst nach einigen Wochen konnte ich mir meine Hand während eines Bandagen Wechsels ansehen. Diesen Moment werde ich nie vergessen. Und ein Gedanke ließ sich bis heute nicht abschütteln: Wo sind die Überreste meiner Finger eigentlich entsorgt worden? Den weiteren Schritten waren für mich in jener Zeit logisch und sinnvoll. Zuerst erholte ich mich wieder und dann wurde die erste Hauttransplantation durchgeführt. Danach begann eine erneute Erholungsphase. Mit den Ärzten abgesprochen, bekam ich Anfang Sommer 2011 meinen ersten Zehen transplantiert. Im Herbst 2011 folgte der zweiten Zehe. Danach begann ein Schmerzvoller Weg der Erholung und Rehabilitation. Im Jahr 2012 arbeitete ich erneut in demselben Betrieb für ein paar Monate, bis mein Studium (zwei Semester Psychologie) begann. Erst im Jahr 2013 startet ich in Hagenberg durch und konnte meinen Weg finden.

In all dieser Zeit nahm ich mir kaum Zeit, um mich um meine innere Narbe zu kümmern. Ich nahm mir keine Zeit meine psychische Gesundheit in den Vordergrund zu stellen. Ich blieb nie stehen, um Inne zu halten. Ich hatte solch eine Angst davor, was passieren würde, wenn ich stehen bleiben würde, dass ich wie ein Tier arbeitete und in 5 Jahren Bachelor- und Master-Studium beendete. Und dann blieb ich stehen und der Sturm holte mich ein.

Ein Ereignis wie diesen Unfall streift man nicht einfach so ab. Durch den Schock und die Monate danach bilden sich auch im Unterbewusstsein Narben. 8 Jahre später und ich kämpfe noch immer mit meinem Unfall. Nicht auf einem physischen Level. Ich habe mich gut mit meiner Behinderung abgefunden. Ich kämpfe nach wie vor mit meinem Inneren. Mit meinem Unterbewusstsein und meinen Ängsten. Ängste, die aus meiner Erfahrung heraus entstanden sind. Und auch Unsicherheiten, welche mich und meine Fähigkeiten in Frage stellen. Wieso ich darüber schreibe? 1) Finde ich es interessant und 2) fragen mich immer wieder viele Menschen darüber aus. Ich rede sehr gerne darüber und beantworte auch gerne Fragen. Aber bitte bemitleidet mich nicht. Ich bin froh hier zu sein, ich liebe das Leben mit all seinen dunklen Seiten und ich bin froh, dass mir all das passiert ist, weil ich sonst nicht zu dem Menschen geworden wäre, der ich heute bin. Das ist meine Geschichte.

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